Im Schutz des Morgens by Robyn Carr
Autor:Robyn Carr [Carr, Robyn]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Contemporary
ISBN: 3956493214
Google: 70GTngEACAAJ
Barnesnoble:
Herausgeber: MIRA Taschenbuch
veröffentlicht: 2014-05-11T22:00:00+00:00
15. KAPITEL
Die Treffen der Quiltgruppe wurden fürs Erste ausgesetzt. Birdie litt immer noch unter starken Kopfschmerzen und wollte erst alle Untersuchungen hinter sich bringen. Trotzdem besuchten die Frauen sie natürlich, brachten ihr Kleinigkeiten zu essen mit oder Blumen, Tee und auch Stoffreste.
June fuhr täglich bei ihr vorbei.
„Irgendetwas ist anders an dir“, stellte Birdie eines Tages fest.
„Ja, das stimmt. Ich hätte dich beinahe verloren. Und das hat mich für immer verändert.“
„Keine Sorge, ich bleibe dir noch eine Weile erhalten. Aber das ist es nicht.“
„Sonst gibt es nichts.“
Birdie hatte den Kopf schief gehalten und June prüfend von der Seite angesehen. „Du würdest mich ja niemals belügen.“
Da hatte Birdie wohl recht. June war immer ehrlich zu Birdie gewesen und außerdem hatte sie zu viel damit zu tun, sich selbst zu belügen. Wenn sie abends auf ihrer Veranda saß und den Hals reckte, redete sie sich immer ein, sie würde keine Ausschau nach ihm halten. Wenn sie bewusst langsam von der Arbeit nach Hause fuhr, genoss sie einfach nur die Landschaft, das redete sie sich jedenfalls ein. Und wenn sie länger in der Praxis blieb, ohne die Hintertür abzuschließen, hatte das nichts damit zu tun, dass vielleicht jemand mit einer Schussverletzung vorbeikommen könnte, der dringend ihre Hilfe brauchte. Gott bewahre!
In Fuller’s Cafe, bei ihrem üblichen morgendlichen Stopp, hatte sie Tom gleich drei Tage hintereinander danach gefragt, ob er etwas von der anstehenden Drogenrazzia in den Bergen gehört hatte.
„Das kann sich noch ewig hinziehen, June.“
„Aber würdest du davon erfahren?“
„Ich hatte mehrfach klargestellt, dass ich gerne darüber informiert werden würde.“
„Und würdest du mir dann Bescheid sagen?“
Er runzelte die Stirn – was bei einem Cherokee immer besonders beeindruckend aussah. „June, du solltest dir vielleicht mal ein paar Fahndungsfotos ansehen.“
„Wieso das denn?“
„Vielleicht kannst du die Männer identifizieren, die neulich abends in deine Praxis kamen. Vielleicht ist einer von ihnen ein gesuchter Verbrecher.“
„Hat die Drogenbehörde darum gebeten?“
„Nein. Aber vielleicht wäre es zu deinem eigenen Besten.“
Erst jetzt wurde ihr klar, dass sie versuchte, Tom auszuquetschen. Wahrscheinlich ahnte er etwas.
Verstand denn niemand, was mit ihr los was? Sie war siebenunddreißig, und ihre besten Freunde waren ein verheirateter Polizist und ihr zweiundsiebzig Jahre alter Vater. Ihre spannendste Abendbeschäftigung war ihre Quiltgruppe. Und sie besaß nicht mal ein „kleines Schwarzes“.
Natürlich musste sie sich unbedingt die Fahndungsbilder ansehen! Sie musste Tom auch dringend ausfragen, ob er von diesem Jim schon einmal etwas gehört hatte. Ihre letzte Begegnung war jetzt über eine Woche her. Neun Tage, um genau zu sein. Noch war sie nicht allzu verärgert darüber, dass er nach diesem umwerfenden Kuss – dem besten seit der Highschool – nicht wieder aufgetaucht war. Er läuft irgendwo da draußen in den Wäldern rum und rettet die Welt, redete sie sich ein. Er sorgt für Gerechtigkeit. Ganz sicher.
Nach einem langen Arbeitstag saß June nun noch mit Sadie in der Praxis. Der Hund war inzwischen ihr ständiger Begleiter. June sortierte Krankenakten, machte sich Notizen und erstellte den Plan für den nächsten Tag. Normalerweise erledigte sie diese Dinge morgens oder wenn sie zwischendurch mal etwas Leerlauf hatte. Aber sie musste sich beschäftigen, um sich abzulenken von ihrem sinnlosen Warten und Hoffen.
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